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DS-GVO-Auskunftsverlangen durch einen Rechtsanwalt stets mit Originalvollmacht und Klage nur nach Ablauf der Monatsfrist

Das Amtsgericht (Berlin) Mitte entschied, dass die Monatsfrist zur Auskunftserteilung nach der DS-GVO bei einer Aufforderung über einen Rechtsanwalt grundsätzlich erst mit Vorlage einer (angeforderten) Vollmacht beginnt. Wird vor Ablauf der Monatsfrist auf Auskunft geklagt, muss der Kläger die Kosten des Verfahrens tragen. Unabhängig davon, ob die Auffassung des Amtsgerichts mit der DS-GVO vereinbar ist, sollten Rechtsanwälte aus Gründen der anwaltlichen Vorsicht ihren Auskunftsanfragen nach der DS-GVO für ihre Mandanten stets eine Originalvollmacht beifügen.

Das Amtsgericht (Berlin)-Mitte (Az. 7 C 185/18) entschied im Sommer 2019 in einer Kostenentscheidung einige Fragen zur Monatsfrist nach Art. 12 Abs. 3 S. 1 DS-GVO hinsichtlich der Auskunftspflicht nach der DS-GVO.

Den Volltext des Urteils finden Sie hier.

Die Monatsfrist zur Auskunftserteilung nach der DS-GVO beginnt danach erst, wenn die Identität des Betroffenen dem Auskunftspflichtigen dargelegt und gegebenenfalls belegt wurde. Wird die Auskunft durch einen Rechtsanwalt des Betroffenen verlangt, läuft die Frist grundsätzlich erst ab Vorlage der Originalvollmacht. Klagt der Betroffene die Auskunft vor Ablauf der Monatsfrist ein und erteilt der Auskunftsverpflichtete innerhalb der Monatsfrist die Auskunft, hat der Auskunftspflichtige keinen Grund zur Klage gegeben. Der klagende Auskunftsberechtigte muss in diesem Fall bei rechtzeitigem Anerkenntnis die Kosten des Verfahrens nach § 93 ZPO selbst tragen, auch wenn er den Prozess ansonsten gewinnt.

Sachverhalt

Das Gericht entschied nach einer teilweisen Erledigung und einem teilweisen Anerkenntnis nur noch über die Kosten und verzichtete nach §§ 313a Abs. 1, 313b Abs. 1 ZPO auf die Wiedergabe des Tatbestandes. Der Sachverhalt kann daher nur aus den Entscheidungsgründen rekonstruiert werden:

Die Parteien stritten ursprünglich über die Zusendung von Werbe-E-Mails ohne vorherige Einwilligung und über die Auskunft nach Art. 15 DS-GVO über die von der Beklagten verarbeiteten personenbezogenen Daten des Klägers.

Der Kläger mahnte durch anwaltliches Schreiben die unverlangte Zusendung von zwei Werbe-E-Mails noch am Tag der Zusendung der Werbe-E-Mails ab. Der Anwalt fügte der Abmahnung den Entwurf einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bei und verlangte gleichzeitig Auskunft nach Art. 15 DS-GVO. Diesem Abmahnungs- und Auskunftsaufforderungsschreiben lag keine Originalvollmacht bei. Die Beklagte verlangte vor Auskunftserteilung die Vorlage einer Originalvollmacht.

Die Originalvollmacht ging bei der Beklagten am 09.11.2018 ein. Sie erteilte die Auskunft am 20.11.2018.

Zwischenzeitlich hatte der Kläger einen Klageantrag beim Amtsgericht eingereicht, mit dem er das Unterlassen der Zusendung von Werbe-E-Mails und die Kosten der Abmahnung verlangte sowie zudem den Auskunftsanspruch nach Art. 15 DS-GVO geltend machte. Diese Klage wurde der Beklagten am 02.01.2019 zugestellt.

Im weiteren Prozessverlauf erklärten die Parteien den Auskunftsteil der Klage in Hinblick auf die Auskunft vom 20.11.2018 (wegen Erfüllung) für erledigt. Die Beklagte erkannte den Unterlassungsantrag an.

Das Gericht musste nur noch über die Kosten der Abmahnung sowie über die Kosten des Verfahrens entscheiden.

Entscheidung des Gerichts

Das Gericht entschied, dass die Beklagte die Kosten hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs trägt, weil dieser Anspruch berechtigt war und die Beklagte durch Nichtabgabe bzw. verspätete Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung die Klageerhebung veranlasste. Trotz sofortigen Anerkenntnisses trägt die Beklagte insoweit die Kosten. Die Kosten für die Unterlassungs-Abmahnung und den anerkannten Unterlassungs-Teil der Klage legte das Gericht der Beklagten auf, weil die Beklagte durch die Zusendung der E-Mails das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt hatte.

Das Gericht entschied ferner, dass der Kläger hinsichtlich des Auskunftsanspruchs die Kosten trägt, weil dieser Anspruch zwar berechtigt war, die Monatsfrist bei Klageerhebung aber noch nicht abgelaufen war und die Beklagte noch erfüllen konnte (und später auch erfüllt hat).

Die Monatsfrist begann erst mit der Übersendung der Originalvollmacht, weil erst mit Übersendung der Vollmacht die Berechtigung und die Identität des Klägers in einer dem Art. 12 Abs. 6 DS-GVO entsprechenden Weise erfolgt sei.

Zu den Streitwerten: 500,-- € für den Auskunftsanspruch nach Art. 15 DS-GVO und 3.000,-- € für den Unterlassungsanspruch. Daraus folgte die Kostenquote von 1/7 zu 6/7 zu Lasten des Klägers.

Anmerkung

Das Urteil gibt zum einen die ständige Rechtsprechung über die Zusendung von unverlangter E-Mail-Werbung in angemessener Kürze wieder und entscheidet entsprechend der ständigen Rechtsprechung. Zum anderen betrifft das Urteil den erst seit Mai 2018 bestehenden Auskunftsanspruch nach Art. 15 DS-GVO. Mit diesem datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch befassen wir uns in dieser Anmerkung, ohne die prozessualen Rechtsfragen vollständig aufzugreifen.

Das Gericht musste einige in der Rechtsprechung und Literatur ungeklärte Rechtsfragen zum Auskunftsanspruch nach Art. 15 DS-GVO und zur Berechnung der Monatsfrist nach Art. 12 DS-GVO klären.

Monatsfrist des Art. 12 Abs. 3 S. 1 DS-GVO

Das Gericht weist zurecht darauf hin, dass die Monatsfrist eine Höchstfrist ist. Auch völlig richtig ist der Hinweis des Gerichts darauf, dass die Monatsfrist keine Frist für die Auskunftserteilung selbst ist, „sondern die zur Verwirklichung der Auskunft ergriffenen Maßnahmen“. Das Ausmaß dieser Differenzierung ist allerdings juristisch noch nicht ganz klar.

Jedenfalls aber steht nach dieser Entscheidung fest, dass der Auskunftsverpflichtete unverzüglich tätig werden muss, wenn er ein Auskunftsbegehren erhält. Er darf nicht einfach grundlos zuwarten, um die Auskunft möglichst spät, also erst gegen Ende der Monatsfrist, zu erteilen.

Fristbeginn erst nach Identifizierung nach Art. 12 Abs. 6 DS-GVO

Hinsichtlich des Fristbeginns stellt das Gericht fest, dass die Frist erst nach der „sicheren Identifizierung“ nach Art. 12 Abs. 6 DS-GVO eingreift.

Dies folgt nicht unmittelbar aus der DS-GVO. Entspricht aber den rechtlichen Grundsätzen in Deutschland und Europa, wonach die Kenntnis des Anspruchsgegners entscheidend für den Fristbeginn ist. So beginnt z.B. auch die regelmäßige dreijährige Verjährung erst ab der Kenntnis der Person des Schuldners (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Der Entscheidung des Gerichts ist daher nach unserer Auffassung auch insoweit zuzustimmen.

Allerdings lässt das Gericht offen, wann ein Anspruchsteller mit zusätzlichen Maßnahmen identifiziert werden muss. Zutreffend führt das Gericht an, dass die Identifizierung „bei begründeten Zweifeln an der Identität der natürlichen Person“ geboten und wohl auch erforderlich ist. Die Einzelheiten hierzu beleuchtet das Gericht jedoch nicht. So lässt das Gericht die Vorlage der Originalvollmacht genügen. Dies betrifft jedoch nur den Beleg der Mandatserteilung. Ob der Mandant (und Kläger) auch die betroffene Person war, schien hier „nicht zweifelhaft“ zu sein. Dies dürfte hier auch richtig sein. Für die Identifizierung als betroffene Person dürfte es hier – eine Prüfung unterstellt – ausgereicht haben, dass die Werbe-E-Mails vorgelegt wurden. Denn diese konnte grundsätzlich nur der Empfänger haben und damit die betroffene Person.

Pflicht zur Vorlage der Originalvollmacht

Kritisch sind jedoch die weiteren Ausführungen, dass das Gericht die Aufforderung zur Vorlage einer Originalvollmacht unter Art. 12 Abs. 6 DS-GVO (wohl entsprechend) fasst und die Monatsfrist grundsätzlich erst mit Vorlage einer Originalvollmacht beginnen lassen will.

Dem in der Entscheidung (vielleicht nicht gewollten aber) zum Ausdruck gekommenen Automatismus, dass die Auskunft nur auf Vorlage der Originalvollmacht erteilt werde, sollte eine Absage erteilt werden.

Das Gericht weist zurecht darauf hin, dass verhindert werden soll, dass eine Auskunft an die falsche Person erteilt wird, also nicht an den Betroffenen. Dies will Art. 12 Abs. 6 DS-GVO verhindern. Allerdings führt dies nicht automatisch zu einer Pflicht, die Vollmacht stets und immer vorlegen zu müssen, erst Recht nicht im Original. Voraussetzung für ein solches Begehren sind „begründete Zweifel“ an der Vollmachtserteilung, also an der Mandatierung. Beim Ausmaß der Zweifel dürfte auch zu berücksichtigen sein, dass Rechtsanwälte als Organe der Rechtspflege einen gewissen Vertrauensvorschuss genießen.

Daher dürfte – ohne besondere Umstände – vor allem ausreichend sein, dass ein Rechtsanwalt das Mandatsverhältnis anwaltlich versichert.

Schließlich würde das stets vorzulegende Original das elektronische Auskunftsverlangen (Art. 12 Abs. 3 S. 4 DS-GVO) sehr erschweren. Ohne einen Medienbruch wäre dies nur möglich, wenn der Betroffene die Vollmacht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) signieren würde. Eine qeS ist nach § 126a BGB notwendig, um die Schriftform zu ersetzen. Eine qeS dürften aber nur die wenigsten betroffenen Personen haben.

Kostentragung bei verfrühter Auskunftsklage

Das Gericht ist offenbar der Auffassung, dass die Auskunftsklage grundsätzlich erst nach Ablauf der Monatsfrist „veranlasst“ werden könne. Dies dürfte in dieser Allgemeinheit nicht richtig sein.

Die Formulierung „unverzüglich, in jedem Fall aber innerhalb eines Monats“ ist nur schwer mit der Auffassung des Gerichts in Einklang zu bringen. Die DS-GVO-Norm verlangt unverzügliches Handeln, also ohne schuldhaftes Zögern. Nach Ablauf eines Monats kommt es auf ein Verschulden dann auch nicht mehr an. Wenn stets eine Monatsfrist gemeint wäre, hätte die erste Variante „unverzüglich“ keine Bedeutung. Daher kann auch vor Ablauf der Monatsfrist im Einzelfall die Auskunft schon verspätet sein.

Der Auskunftsverpflichtete ist aber nur dann verpflichtet, seine Abläufe teilweise offen zu legen, wenn er die Monatsfrist zu überziehen beabsichtigt (Art. 12 Abs. 3 S. 3 DS-GVO). Ohne einen solchen Hinweis dürfte es für einen Auskunftsberechtigten kaum möglich sein, festzustellen, ob schon nach sechs, zehn oder mehr Tagen die Verspätung eingetreten ist und die Auskunft nicht unverzüglich erfolgte.

Fazit

Rechtsanwälte sollten aus Gründen der anwaltlichen Vorsicht ihren Auskunftsanfragen nach der DS-GVO stets die Originalvollmacht beifügen oder jedenfalls den Auftrag und die Vollmacht anwaltlich versichern.